„Warum vertrieb man die Ungarndeutschen?“

Schüler aus der Oberlausitz/Sachsen im Zeitzeugengespräch in Bretzfeld

Es war sehr beeindruckend für den Vorstand des Budaörser Heimatvereins, dass der Schüler Gregor Lehmann aus der Nähe von Bautzen den Kontakt nach Bretzfeld suchte. Die umfangreiche Erarbeitung des selbstgewählten Themas für ein Schulprojekt der gymnasialen Oberstufe – „Die Vertriebenen aus Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg“ – führte den jungen Mann zu Joschi Ament. Dieser brachte den Heimatverein Budaörs ins Spiel, und so wurde das Heimatmuseum in Bretzfeld Treffpunkt für einen intensiven Informationsaustausch zwischen dem 16-jährigen Schüler und Zeitzeugen, die die Vertreibung aus Ungarn selbst als Kinder erlebt hatten.

Gregor Lehmann hatte das Thema seiner Projektarbeit aus familiären Gründen gewählt. Seine Großmutter wurde 1948 als Kind selbst Opfer der Vertreibung. Das kleine Dorf Ganna mit rund 250 Einwohnern, ca. 60 km nördlich des Plattensees gelegen, war die alte Heimat von Gregors Großmutter und deren Vorfahren.

Die ausgiebige Besichtigung des Museums am Vormittag gab viele Informationen. Zusätzlich gelang es, einen kleinen Kreis von Zeitzeugen zu versammeln. Hierzu standen dem jungen Mann aus Sachsen das Ehepaar Josef und Elisabeth Deininger sowie Andreas Ritter gerne in einer gemütlichen Kaffeerunde zur Verfügung. Als Vertreter des Vereins nahmen Theresia Mann und Stefan Vachaja teil. Den Gesamtüberblick über die damaligen Flucht- und Vertreibungsgeschehnisse in Mittel- und Osteuropa und deren Folgen stellte Joschi Ament im Gespräch dar. Aus den Fragen von Gregor Lehmann entwickelte sich ein sehr ergiebiger Austausch, der durch viele Erlebnisberichte und Hintergrundkenntnisse ergänzt werden konnte.

Die Zeitzeugen machten dabei deutlich, in welcher erbarmungslosen Art und Weise die Vertreibung ablief. Der erste dieser Güterzüge – sie waren jeweils mit rund eintausend Personen vollgepackt – fuhr am 19. Januar 1946 aus Budaörs ab. Es war landesweit der erste Vertreibungstransport. Ihm sollten innerhalb weniger Tage sechs weitere Transporte folgen. Am 2. Februar 1946 verließ der 7. Transport die bisherige Heimat Budaörs. Damit waren innerhalb von nur zwei Wochen rund 7.000 Menschen aus dieser einen Gemeinde auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Mehr als ein Jahr später wurde nochmals ein Zug voller Ungarndeutscher aus Budaörs in die damalige sowjetische Besatzungszone verfrachtet. Den verlassenen Wohnraum übergab man Menschen, die ihrerseits aus den Nachbarstaaten ausgewiesen wurden.

Gerade in den gegenwärtigen Tagen wurde es für die Gesprächspartner einmal mehr deutlich, welch unmenschliche und verheerende Folgen kriegerische Auseinandersetzungen für alle Betroffenen nach sich ziehen.

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