Die Schwabenzüge

Mit freundlicher Genehmigung der Firma – ELTE Térképtudományi és Geoinformatikai Tanszék – Budapest

150 Jahre lang waren große Teile Ungarns unter türkischer Herrschaft. Die Einnahme Ofens 1686 markiert den Beginn der Rückeroberung Ungarns, die mit Namen wie Prinz Eugen von Savoyen, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (der sog. Türkenlouis), Herzog Alexander von Württemberg oder Kurfürst Max Emanuel von Bayern verbunden ist.

Nach der Befreiung Ungarns von der Türkenherrschaft warben das Kaiserhaus und die Grundherren Siedler zum Wiederaufbau des dünn besiedelten und teilweise brachliegenden Landes an. Feldherren und Soldaten wurden mit Land belohnt.

Erste deutsche Siedler kamen bereits Ende des 17. Jahrhunderts in die Gegend um Ofen und Pest. Besonders zahlreich waren die Kolonisten, die im 18. Jahrhundert ins Land geholt wurden. Die Hochphasen der Einwanderungswellen werden als „Schwabenzüge“ bezeichnet. Die Möglichkeit, Land zu günstigen Bedingungen zu erwerben, lockte zahlreiche Siedler an. Geschätzte Zahlen liegen bei 150.000 bis 200.000 Menschen (für das gesamte Königreich Ungarn und das Banat).

Die Nachkommen der Siedler bilden die Mehrheit der Ungarndeutschen, die in Ungarn bis heute als „Schwaben“ (ung. Svábok) bezeichnet werden, auch wenn ihre Vorfahren aus Hessen, Franken, der Pfalz, dem Saarland oder den habsburgischen Erblanden stammen. Nicht gebräuchlich war vor den 20er Jahren der Begriff der Donauschwaben, der inzwischen als Sammelbegriff für Ungarndeutsche, Donauschwaben aus Jugoslawien, Sathmarer Schwaben und Banater Schwaben benutzt wird.

Auf den heutigen Staat Ungarn bezogen waren besonders im Ofner Bergland, dem Schildgebirge (Vértes), dem Buchenwald (Bakony), der sog. Schwäbischen Türkei (Branau/Baranya, Tolnau/Tolna und Schomodei/Somogy), in der Nordbatschka (Bácska) und in Westungarn zahlreiche Dörfer von den deutschen Bewohnern, ihrer Mundart, ihren Sitten und Arbeitsweisen geprägt. Auch wenn der größte Teil der Siedler katholisch war, kamen doch auch zahlreiche Protestanten nach Ungarn.

Die vielen Bauaufgaben, etwa im Kirchen- oder Schloßbau, lockten Handwerker und Künstler nach Ungarn. So hatte auch das Bürgertum vieler Städte einen starken deutschen Anteil. 1850 lag in Ofen der deutsche Anteil an der Bevölkerung bei 70 %. Pest besaß in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert ein blühendes deutschsprachiges Kulturleben, dessen Zentrum das „Deutsche Theater“ war. Mehrere deutschsprachige Zeitungen erschienen.