„Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – Zwei Seiten der gleichen Medaille“

Internationale Begegnungstagung in Wiesbaden

„Heimatvertriebene und Heimatverbliebene“, so lautete die internationale Begegnungstagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten in der FUEN in Wiesbaden Ende September. Für die Ungarndeutschen in Deutschland nahm Alfred Freistädter, für die LdU in Ungarn Ibolya Hock-Englender teil. Förderer und teilweise Gastgeber war das Hessische Ministerium des Innern und für Sport.

Etwa 30 Vertreter von Landsmannschaften und der Deutschen Minderheiten aus 10 Ländern trafen bei dieser Tagung zusammen, zeitweise waren Teilnehmer aus Russland, der Slowakei und Kroatien online zugeschaltet.

Der Ehrengast des Bundesschwabenballes von 2014, Hartmut Koschyk, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. und ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten war ebenfalls Teilnehmer. Er hielt einen Impulsvortrag zum Tagungsthema und moderierte eine Podiumsdiskussion.

Als weitere Themenblöcke wurden beleuchtet: Staatsangehörigkeit und Volkszugehörigkeit / Nationalität – Identitätsfrage bei den deutschen Minderheiten und Angehörigen der Landsmannschaften, Aussiedlern und Spätaussiedlern sowie grenzüberschreitender Kulturaustausch und Bewahrung des kulturellen Erbes.

Besonders erfreulich: Es waren viele junge Teilnehmer erschienen. Sie berichteten insbesondere zum Thema Junges Netzwerk „Zukunft“ und diskutierten, wie die Vernetzung der Jugendarbeit der Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen besser gelingen und vorankommen könnte.

Hessens Innenminister Peter Beuth persönlich hieß die Tagungsteilnehmer*innen im Ministerium des Innern und für Sport herzlich willkommen. „Wir betrachten die Kulturstiftung als wichtige übergreifende Institution, die die Akteure in der Vertriebenenarbeit zusammenbringt, vernetzt und hinsichtlich neuer Aspekte auch als Katalysator wirkt. Dies beweist die Kulturstiftung mit dieser Tagung wieder eindrucksvoll.“

„Als Steinsfurt aus allen Nähten platzte“

Sonderausstellung „Flucht, Vertreibung und Neuanfang 1945“ im Lerchennest

Heute ist Steinsfurt ein Stadtteil der im Rhein-Neckar-Kreis gelegenen Kreisstadt Sinsheim. Was sich in den Jahren 1945/46 in der kleinen idyllischen Gemeinde in Nordbaden – heute mit etwa 3.200 Einwohnern – ereignete, hat sich der Verein „Freunde des Lerchennest“ zur Aufgabe gemacht.

Mit der Sonderausstellung „Flucht, Vertreibung und Neuanfang 1945“ wird im Lerchennest an das Schicksal Hunderter Heimatvertriebener aus den ehemals deutschen Gebieten im heutigen Polen, Rumänien, Ungarn, der Ukraine und Tschechien erinnert. Nach dem „Stein des Erinnerns“, der Anfang Juli am Lochberg enthüllt worden war, ist damit der zweite Teil des Projektes abgeschlossen.

Der Vorsitzende des Vereins – Hans-Ingo Appenzeller – erläuterte in seiner Begrüßungsansprache zunächst die Beweggründe, diese Ausstellung zu konzipieren. Der Gemeinde Steinsfurt seien nach dem Zweiten Weltkrieg insgesamt 703 Flüchtlinge und Heimatvertriebene zugewiesen worden. Diese Neubürger stammten aus 88 verschiedenen Ortschaften, größtenteils aus dem Sudetenland, viele aber auch aus Ungarn und Schlesien. Um die Ausmaße für den Ort aufzuzeigen, stellte Appenzeller diese Zahl ins Verhältnis zur damaligen Größe der Gemeinde. „Vor dem Krieg war Steinsfurt ein Bauerndorf mit 1.200 Einwohnern. Dazu waren bereits während des Zweiten Weltkrieges 350 Evakuierte aus umliegenden Städten gekommen“, so Appenzeller. Bis Ende 1946 hätte sich die Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt und damit die Menschen und die Kommunen vor schier unlösbare Probleme gestellt.

„Der damalige Landkreis Sinsheim hatte mit 27,2% der Bevölkerung den zweithöchsten Anteil zugeteilter Flüchtlinge in Baden-Württemberg“, erklärte Appenzeller weiter. Dies entsprach etwa 30.000 Flüchtlingen und Heimatvertriebenen.

Während die Ausstellung konzipiert wurde, erfuhren Appenzeller und seine Mitstreiter von etlichen Zeitzeugen, welch menschenunwürdige Situationen diese erleben mussten, bis sie im Kraichgau ankamen. Erst langsam wären die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen akzeptiert und geschätzt worden.

„Wir hoffen, dass wir aus der Geschichte lernen, und dass so etwas nie mehr passiert“, so Appenzeller abschließend, bevor er zusammen mit dem Sinsheim Oberbürgermeister Jörg Albrecht und dem Bundesvorsitzenden der LDU Joschi Ament sowie weiteren geladenen Ehrengästen die Ausstellung eröffnete.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung / Bild: Alexander Becker

„Mit der Sehnsucht seiner Familie nach ihrer alten Heimat ist er groß geworden“

Höchste Auszeichnung des LDU-Landesverbandes Baden-Württemberg an Joschi Ament

Im Rahmen der diesjährigen Kulturtagung der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn verlieh der Landesverband Baden-Württemberg seinem Landesvorsitzenden Joschi Ament das Ehrenzeichen in Gold.

Präsidiumsmitglied Alfred Freistädter zitierte in seiner Laudatio Joschi Ament, der einmal über sich sagte: „Mit der Sehnsucht meiner Familie nach ihrer alten Heimat bin ich groß geworden“.

Ahnen- und Familienforschung, die Suche nach historischen Wahrheiten zu den Themen Deportation und Vertreibung seien nicht nur Hobby sondern Begeisterung, Leidenschaft und wohl seine Lebensaufgabe, so Freistädter weiter. Im Engagement zu und mit seiner Familiengeschichte und zu „seinen Elekern“, die er zwischenzeitlich seit fast 20 Jahren als Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Elek anführt, fand Joschi Ament seine Berufung zu den Ungarndeutschen insgesamt.

So wirkt er seit 2006 als Mitglied im Bundesvorstand der LDU mit und ist seit 2017 Bundesvorsitzender der LDU Deutschland.

In der LDU Baden-Württemberg ist Joschi Ament seit 2004 Mitglied, seit 2007 stellvertretender Landesvorsitzender, Bundesdelegierter und Mitglied des Patenschaftsrates der Stadt Gerlingen und seit 2018 Landesvorsitzender.

Die Wahl Joschi Aments sei ein Weckruf für die LDU gewesen, so Freistädter. Ament hätte seit 2017 die Kontakte in alle Richtungen wiederbelebt: zur Landesregierung, zu den Ministerien, zu den anderen Landsmannschaften, zum BdV, zu den Vertretern Ungarns und zum ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart. „Er intensivierte Kontakte zu wissenschaftlichen Instituten und Historikern, die es ermöglichen, die Geschichte der Ungarndeutschen im richtigen Licht der Öffentlichkeit zu präsentieren. Er vertritt unseren Landesverband im Forum der Landsmannschaften des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen, im Stiftungsrat des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm, im Stiftungsrat der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart sowie als Mitglied der Jury zur Verleihung des Donauschwäbischen Kulturpreises des Landes Baden-Württemberg. Die LDU wird wieder gesehen!“ so die lobenden Worte des Laudators.

Und noch eine ganz wichtige Sache hätte Joschi Ament aufgegriffen und aufleben lassen: Den Kontakt zur Schwesterorganisation in Ungarn, der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Viele Treffen Gespräche hätten seither stattgefunden.

„Wir sind ihm sehr dankbar, dass er wieder die Wahrnehmbarkeit der LDU im In- und Ausland erreicht hat“, so Freistädter.

Joschi Ament sei ein Brückenbauer als Initiator zweier Städtepartnerschaften (Elek und Gerolzhofen in Bayern sowie Elek und Laudenbach in Baden-Württemberg) zwischen den Deutschen in Ungarn und den Ungarndeutschen in Deutschland – zwischen politisch Verantwortlichen hier und in Ungarn und zwischen der Erlebnis- und „seiner“ Bekenntnisgeneration, so Freistädter abschließend.

Freistädters Dank galt aber auch der Gattin des Geehrten für den familiären Rückhalt, den dieses Ehrenamt mit sich bringe: „Liebe Rita, als Ehefrau und Mutter eurer zwei Söhne musst du, so fürchte ich, seit den Amtsübernahmen von Joschi als LDU-Vorsitzender in Land und Bund auf viele Stunden und Tage seiner Zeit verzichten. Dafür sind wir, ist die LDU, dir zu großem Dank verpflichtet. Wettmachen können wir das nicht wirklich, aber symbolisch mit einem Blumenstrauß „Danke“ sagen und die Bitte äußern: Steh deinem Joschi weiterhin so tatkräftig zur Seite.“

Urkunde und Ehrennadel überreichten sodann Laudator Alfred Freistädter und Landesgeschäftsführer Erich Gscheidle.

„Die Charta der Ungarndeutschen“

Feierliche Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen

Am 28. Oktober 2000 unterzeichneten in Gerlingen die beiden Vorsitzenden der Volksgruppe der Ungarndeutschen – Dr. Friedrich A. Zimmermann für die LDU in Deutschland und Otto Heinek für die LdU in Ungarn – eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit der beiden Schwesternverbände in Deutschland und Ungarn. Sie wollten damit zum Ausdruck bringen, dass über 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der damit einhergehenden unterschiedlichen Entwicklung der Volksgruppe die beiden Teile der Ungarndeutschen immer noch zusammengehören.

Bereits im vergangenen Jahr hatten die beiden heutigen Bundesvorsitzenden der LDU in Deutschland und der LdU in Ungarn beschlossen, 20 Jahre nach der Unterzeichnung der ersten Vereinbarung ihre historische Verbundenheit für eine gemeinsame Zukunft erneut öffentlich zu verkünden. Die Urkunde wurde nun von der Vorsitzenden der LdU, Ibolya Hock-Englender und dem Vorsitzenden der LDU, Joschi Ament, unterzeichnet. Die historische Verbundenheit soll durch die Erneuerung der Vereinbarung weiterhin die gemeinsame Zusammenarbeit symbolisieren.

„Auch für uns Beide, die wir jetzt den Vorsitz innehaben, ist es nicht weniger wichtig, dieser Zusammengehörigkeit Ausdruck zu verleihen, indem wir die Urkunde feierlich unterzeichnen. Der Inhalt und die einzelnen Punkte der Urkunde von damals sind heute noch aktuell, und das heißt nicht, dass wir dort stehen geblieben sind – im Gegenteil, es heißt, dass wir noch immer die Chance haben, das Gleiche zu fördern, und deshalb die Chance haben, weil es uns noch immer gibt. Ein Teil von uns hier in Deutschland, der andere Teil in Ungarn: beide Hälften kämpfen um eine Zukunft, und keine gibt auf”, so die LdU-Vorsitzende Hock-Englender.

„Wir bekräftigen heute unsere Verbundenheit mit der feierlichen Unterzeichnung im Bewusstsein unserer historischen Verantwortung für die Zukunft aller Ungarndeutschen mit dem Ziel der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls der beiden Teile unserer Volksgruppe – gewissermaßen die Charta der Ungarndeutschen“, wie der LDU-Vorsitzende Joschi Ament zu verstehen gab.